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Der Fon ist tot !

„Peng! Peng!  PengPengPeng!“  – Es ist 5.30 Uhr und ich werde durch laut dröhnende Pistolenschüsse geweckt. Keine Sorge, es ist nicht etwa ein Krieg in Kamerun ausgebrochen. Nein, heute wird der verstorbenen Fon von Nkwen, meinem Viertel hier in Bamenda gewürdigt. Das verspricht ein interessanter Tag zu werden. Nochmal kurz zur Erklärung: Ein Fon ist so etwas wie ein Stammeshäuptling mit viel Einfluss in seinem Dorf oder Viertel.

Jedenfalls habe ich mir die Festlichkeiten zum Gedenken an den verstorbenen Fon und die Einführung des neuen Fons nicht entgehen lassen.

Nachdem ich durch die Pistolenschüsse geweckt worden bin, habe ich aber erst mal weitergedöst, bis es Zeit war zur Arbeit in SHUMAS zu gehen. Schon auf dem Weg zur Arbeit habe ich gemerkt: Heute ist etwas los. Der Fon von Nkwen wohnt natürlich in einem „Palast“. An der Abzweigung zum Nkwen-palace steht eine Skulptur vom alten verstorbenen Fon. Dieser Platz war mit grün-rot-gelben Kamerunfarben und flaggen dekoriert und es waren ziemlich viele Leute unterwegs.

Vor dem Fon's Palace

Vor dem Fon’s Palace

Wir haben nur den halben Tag, den Nachmittag für die Feierlichkeiten frei bekommen, deswegen hieß es morgens: Arbeiten ! Was habe ich heute gemacht ? Ich war mit einer Mitarbeiterin unterwegs und wir haben ein paar Projekte von SHUMAS besucht, unter anderem einen Brunnen, und sie immer mit einer Kerze fotografiert. Diese Kerzenbilder sind für Manos Unidas gedacht, einem spanischem Partner von SHUMAS. Das war gar nicht so leicht, gute Bilder zu bekommen, es musste ja der Wind, die Kerze, die Menschen und auch Tiere gut mitspielen. Aber das ist ein anderes Thema.

Gegen Mittag haben wir die Arbeit verlassen und uns zuhause in traditionelle Kleider geschmissen.

Das muss man sich mal vorstellen, 2 „Whitemen“ in traditioneller Kleidung. Kamen aber gut an 🙂 Das Kleid sieht so aus: Knielang und bunt bestickt.

Auf dem Weg zum Palace, den wir zu Fuß zurückgelegt haben, weil es nicht weit weg ist, haben wir Freunde getroffen. Da habe ich auch zum ersten Mal Heuschrecken gegessen. Ich kann nur sagen: Lecker ! Der Kopf schmeckt besonders gut 🙂

Leckere Heuschrecken

Leckere Heuschrecken

Zum Palast sind wir aber gemeinsam mit Emka gegangen. Zur Erinnerung: Emka ist so eine Art Hausmutter in SHUMAS. Sie bringt uns unter anderem bei, afrikanische Gerichte zu kochen. Dort hieß es dann erst mal:

Warten.

Mehr als 1,5 Stunden.

So viele Menschen.

Heiße Sonne, aber zum Glück im Schatten.

Stehen.

Wir haben auf die Ankunft des neuen Fons gewartet, er ist ein Sohn des alten, verstorbenen Fons. Ich hab mir die Wartezeit damit vertrieben, ein Nachruf-Magazin über den alten Fon zu lesen. Fon Ngu der 3. hat 59 Jahre regiert. In dieser Zeit ist Nkwen von 14.000 Menschen auf über 100.00 Menschen angewachsen, es wurden Straßen gebaut, Schulen gestartet und so weiter. Beerdigt wurde der alte Fon aber schon, bevor sein Tod überhaupt öffentlich bekannt gegeben wurde, gestorben ist er am 3. November.

Außerdem habe ich die Menschen beobachtet. Viele von ihnen waren traditionell angezogen, das heißt die die Frauen in dunklen Kleidern mit buntbestickten Mustern, die Männer in langen weiten Gewändern, ebenfalls bunt bestickt. Ich hatte auch guten Blick auf die zahlreichen „Königinnen“  (Frauen des Fons) und „Prinzessinnen“  (Kinder des Fons), die alle dasselbe Gewand anhatten und barfuß und kahlrasiert unterwegs waren. Es waren bestimmt 50 von ihnen.

Ein Überblick

Ein Überblick

Sehr unterhaltsam war auch ein Mann, der kein Problem damit hatte, vor über 5000 wartenden Menschen (wahrscheinlich noch mehr, aber ich bin schlecht im Schätzen) auf der Freifläche in der Mitte zu pinkeln. Kleiner Einschub: Pinkeln in der Öffentlichkeit ist hier gang und gäbe, ich glaube die Kameruner haben dazu eine andere Einstellung, es gibt ja auch fast keine öffentlichen Toiletten. Einmal war ich nachts auf dem Balkon unserer Nachbarin gesessen, mit Blick auf die Straße. Da sehe ich eine andere Nachbarin, wie sie sich ganz ungeniert am Straßenrand hinhockt und pinkelt, das Kind auf den Rücken gebunden. Hatte besten Blick auf ihren Hintern. Gut es war bereits Nacht und dunkel bis auf Autoscheinwerfer, die sie angestrahlt haben, aber trotzdem… ich glaube, ich persönlich brauche beim Pinkeln mehr Privatsphäre.

Zurück zum Mann, der gepinkelt hat. Das ging wohl selbst den Kameruner zu weit. Während er noch gepinkelt hat, kamen 2 Polizisten an. Sie waren aber noch so freundlich zu warten, bis er fertig war, und dann wurde er abgeführt. Und das alles vor den Augen der gesamten begeisterten Bevölkerung von Nkwen.

Irgendwann kam dann der neue Fon an. Weil niemand so richtig etwas gesehen hat, war es mit der bis dahin aufrecht erhaltenen Ordnung vorbei. Alle Menschen sind auf die Freifläche gestürmt, um einen Blick auf den Mann zu erhaschen, der ab jetzt einen großen Einfluss auf ihr Leben haben wird.

Nach kurzem Zögern haben wir uns auch der Menge angeschlossen. Ich wollte natürlich gute Fotos machen und so habe ich mich von Emka und Kathrin getrennt und bin vorgestürmt und habe mir meinen Weg durch die Menge gekämpft. Ich war fast vorne, als die wogende Menge von Menschen von Polizeikräften wieder zurückgedrängt wurde. Da habe ich schon ein bisschen Angst bekommen. Jeder wird gedrängt, alle müssen zurückweichen. So entsteht glaube ich eine Massenpanik. Vor allem als dann ein Mann von einem Polizeibeamten niedergeprügelt worden ist, bin ich sehr freiwillig zurückgewichen. Eine Massenpanik ist allerdings nicht entstanden.

Inmitten der Menge

Inmitten der Menge

 

Weil ich allerdings noch nicht wirklich ein Foto vom Fon machen konnte, ja ihn selber noch gar nicht gesehen hatte, bin ich von einer anderen Seite soweit wie es ging an die Bühne gelaufen, wo der neue Fon auf einem holzgeschnitzten edlen Stuhl auf einem Leopardenfell flankiert von anderen Fons und wichtigen Persönlichkeiten saß.  Er hatte kein traditionelles Gewand an, sondern trug nur eine Hose, sein Oberkörper war frei. Eine außergewöhnliche Kappe schmückte seinen Kopf und seinen Körper ganz viel Schmuck. Dank der Hilfe eines großen Mannes gab es dann auch ein gutes Bild vom Fon 🙂
Meine Größe ist nicht immer ein Vorteil, vor allem wenn die Leute vor mir so groß gewachsen sind…

Der "Neue" im Amt (Mitte)

Der „Neue“ im Amt (Mitte)

Wollte gerade Kathrin und Emka in der chaotischen Menschenmenge suchen, als ich die sagen wir mal „Heuschreckenfreundinnen“ von vorher wieder getroffen habe. Händchenhaltend, um uns in der Menge nicht zu verlieren, haben wir uns wieder vorgekämpft und so doch einiges von der Veranstaltung mitbekommen. Es gab Reden von verschiedenen Persönlichkeiten, darunter natürlich der neue Fon, der von der Menge begeistert aufgenommen wurde und 2 Hymnen, die gesungen wurden, die Nationalhymne und die Hymne von dem Viertel Nkwen. Traditionelle Tänze gab es keine, aber die Festivitäten dauern ja noch einen Monat an. Zwischendrin habe ich mal wieder die selbe scherzhafte Warnung bekommen, nicht zu weit vor zu gehen, nicht das der Fon mich sieht. Sollte er nämlich seine Hand um mein Handgelenk legen und mir ein Armband anziehen, wäre es vorbei und ich müsste den Rest meines Lebens als Frau des Fons im Palast verbringen. Das habe ich jetzt schon öfters gehört. Meistens ist es aber als Scherz gemeint.

Die Veranstaltung wurde mit „Gunshots“, Schüsse aus langen Gewehren beendet. Hat mich geruchsmäßig und lautstärkemäßig irgendwie an Sylvesterböller erinnert. Die meisten Leute, die da waren, hatten allerdings Angst vor den Schüssen. Ich fand es ganz interessant.

"Peng"

„Peng“

 

Danach habe ich mit meinen „Heuschreckenfreundinnen“ auf die Suche nach Kathrin und Emka gemacht. Man sollte meinen, es ist leicht, ein weißes Mädchen inmitten schwarzer Afrikaner zu finden, war es aber nicht. Irgendwann haben wir uns dann aber noch gefunden. Ich hab mich aber nicht verloren gefühlt, Kathrin und Emka waren natürlich eher besorgt.

Den Abend haben wir in dem Haus einer Prinzessin mit Essen ausklingen lassen. Es gab folgende Essensauswahl: Reis, Fufu oder Achu. Wer wissen will, was Fufu oder Achu ist, kann mich gerne mal fragen 🙂

2 "whitemen"

2 „whitemen“ in traditionellen Kleidern 🙂

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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